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Projekte

Mit KI das Lernen gestalten

Mit KI das Lernen gestalten

Adaptive Lernpfade in der Lernplattform MLS (Mobile Learning System) waren das erklärte Ziel des Projektes SEARCH. Seit September 2021 untersuchte und entwickelte die Nachwuchsstiftung Maschinenbau in Kooperation mit der Universität Hildesheim und der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover Ansätze, um einen individualisierten Lernprozess umzusetzen – und zwar nach dem Optimal-Challenge Prinzip: nicht unterfordern, nicht überfordern.

Individuelle Lernpfade definieren

Lehrverantwortliche sollen mithilfe von SEARCH in die Lage versetzt werden, einen allgemeinen und möglichst vollständigen Wissens- bzw. Kompetenzraum für ein Fachgebiet zu erstellen. 

Diesen Raum können sich Lernende anschließend auf einem individuellen Lernpfad eigenständig erschließen. Dabei helfen ihnen sogenannte Skill-Maps, die die Lernenden gemäß ihren Vorkenntnissen durch den Lernstoff leiten. Die Detailtiefe der Map kann dabei ganz unterschiedlich sein und beispielsweise einen Grundkurs der SPS-Programmierung sowie benötigte Fähigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz oder im Rahmen eines bestimmten Berufsbilds abbilden. In den Lernräumen werden den angestrebten Skills bestimmte Lerneinheiten manuell oder algorithmisch zugeordnet.

Algorithmus gleicht mit Vorwissen ab

Im Verlauf des Projekts wurde sehr schnell deutlich, dass dieser Ansatz sowohl neue Tools für die Content-Ersteller (Autoren) als auch neue Navigationsmethoden für Lernende erfordert. 

In mehreren Iterationen wurde dazu das User Interface (UI) für Lernende entwickelt. Lernende sehen in einer Skill-Map auf einen Blick, welche Fähigkeiten sie im bisherigen Lernverlauf bereits erlangt haben und welche Lerneinheiten noch ausstehen. Vorwissen, das Lernende bereits mitbringen, wird dabei berücksichtigt. Entsprechende Lerneinheiten müssen nicht mehr erarbeitet werden. Für Lernende bietet der Kompetenzraum außerdem den Vorteil, dass diese frei wählen können, welche Fähigkeit sie als Nächstes lernen wollen. Dabei schaltet das System nur solche Lerneinheiten frei, die didaktisch sinnvoll sind und zum Vorwissen der Lernenden passen. Das ist der eigentliche Mehrwert der im Hintergrund arbeitenden künstlichen Intelligenz: Der Algorithmus gleicht die Skill-Map mit der Lernhistorie des Lernenden ab. 

„Im Jahr 2024 ging es vor allem darum, diesen Algorithmus in das MLS zu integrieren“, erläutert Dr. Eugen Dyck, Projektleiter SEARCH in der Nachwuchsstiftung Maschinenbau. 

Zurzeit testeten bereits mehrere Ausbilderinnen und Ausbilder aus verschiedenen Unternehmen die neuen Funktionalitäten. Erste Rückmeldungen zeigen, dass die MLS-Erweiterung eine neue, bedarfsgerechtere Gestaltung des betrieblichen Lernens zulässt, dafür jedoch zunächst ein gewisser Mehraufwand zu bewältigen ist.

 

Momentaufnahme eines Lernpfads, der an die Bedürfnisse eines Lernenden angepasst wurde. 

  • Gestrichelt dargestellt sind Skills, die Vorwissen aus anderen Kursen bezeichnen.
  • Abgehakt sind Skills, die in diesem Kurs bereits gelernt wurden.
  • Farblich hinterlegt sind Skills, die als Nächstes gelernt werden, während
  • grau hinterlegte Skills noch nicht freigeschaltet sind.

Mit KI-generierten Tests Skills checken

Ein solcher Mehraufwand entsteht, wenn aus bereits in MLS bestehenden Lerninhalten die damit vermittelten Fähigkeiten/Skills extrahiert werden müssen. 

Um zu verhindern, dass unzählige Inhalte manuell nachgepflegt werden müssen, kommen KI-Modelle zur Generierung von Vorschlägen gemäß der Bloom’schen Lehrziel-Taxonomie zum Einsatz. 

Weitere Features zur Metadatengenerierung, darunter die Zusammenfassung oder die Schlüsselwort-Extraktion aus Lerneinheiten, sind bereits erfolgreich in MLS integriert und von Anwendern erfolgreich getestet. 

Besonders positive Resonanz erhielt die KI-gestützte Testfragengenerierung für Lerneinheiten. 

Der SEARCH-Ansatz erfordert nämlich, dass das Erlernen einer Fähigkeit mithilfe eines Tests überprüft wird. In diesem Kontext wurde auch untersucht, ob sich ein Interview, d.h. ein interaktives Gespräch mit den Lernenden, zur Lernerfolgskontrolle eignet. 

Die Ergebnisse deuten bisher allerdings darauf hin, dass dieser Ansatz eher zur Wissensaktivierung vor einer Lerneinheit sinnvoll ist. 

Insgesamt hat sich gezeigt, dass eine KI-gestützte Erstellung von Lerninhalten viel Potenzial bietet. Diese Ideen werden auch über das Projektende hinaus weiterverfolgt.

Bilanz des Projekts

Obwohl im November 2024 die finanzielle Förderung des Projekts SEARCH durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) nach 39 Monaten ausgelaufen ist, werden dessen Ergebnisse weiterhin sukzessive in MLS integriert. 

Insgesamt wurden im Laufe des Projekts unter anderem 70 neue Lerneinheiten, ein neues didaktisches Konzept, eine semantische Such- und Empfehlungsalgorithmik sowie erweiterte User-Profile entwickelt. 

Content-Ersteller können damit ihre Lerninhalte besser auffindbar, übersichtlicher und standardisierter anbieten. Und zugleich passt die Software diese Inhalte an die Vorkenntnisse der Lernenden an.

Ansprechpartner

Dr. Eugen Dyck